Bloß nicht mehr hilflos zusehen: Viele Menschen in Deutschland wollen angesichts des Leids in der Ukraine helfen. Wir haben verschiedene Möglichkeiten gesammelt, wie man die Menschen in der Ukraine, Geflüchtete und in Deutschland lebende Ukrainerinnen und Ukrainer jetzt am besten unterstützt.

Spenden

Überall in den sozialen Medien begegnen einem zurzeit Spendenaufrufe. Sie werden in Posts und Storys verlinkt und geteilt, oft kann direkt via Facebook oder Instagram gespendet werden. Zwei, drei Klicks – der Weg zur Überweisung ist kurz. Doch Burkhard Wilke, wissenschaftlicher Leiter des Deutschen Zentralinstituts für soziale Fragen (DZI), warnt vor Impulsspenden: "Man sollte sich zumindest kurz Zeit nehmen und überprüfen, wer die letztlich begünstigte Organisation oder Initiative hinter dem Aufruf ist", erklärt der Experte.

"Dabei geht es nicht darum, dass nun besonders viele missbräuchliche und betrügerische Aufrufe kursieren würden. Es ist einfach eine Frage der Kompetenz", sagt Wilke. Denn: Geld sammeln allein reicht nicht. Es braucht Strukturen, Erfahrung und Kontakte, um das Geld sinnvoll einsetzen zu können.

Das DZI, das mit seinem Spendensiegel Seriosität, Transparenz und Kompetenz von Organisationen bewertet, bietet eine Spendeninformation zur "Nothilfe Ukraine" an, die laufend erweitert und angepasst wird. Dafür überprüfen Wilke und seine Kollegen Organisationen speziell im Hinblick auf ihre Kompetenzen in der Ukraine. So sind beispielsweise UN-Organisationen wie das Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen bereits seit vielen Jahren in der Ukraine tätig, die UNO-Flüchtlingshilfe ist deshalb eine der Organisationen, die das Spendensiegel trägt.

Neben dem DZI vergeben in Deutschland auch der Deutsche Spendenrat, der aus 69 Spenden sammelnden gemeinnützigen Organisationen besteht, und die Initiative Transparente Zivilgesellschaft (ITZ), zu der mehr als 1.500 Organisationen gehören, Spendensiegel. "Siegel, Zertifikate oder Label sind zwar unterschiedlich aussagekräftig, aber insgesamt eine gute Entscheidungshilfe", sagt Wilke. Sie seien aber nicht allein ausschlaggebend: "Eine kleine Organisation, deren Verantwortliche ich kenne und denen ich vertraue, kann auch ohne Siegel eine gute Spendenadresse sein." Wer sich nicht für eine Initiative oder Organisation entscheiden möchte, kann auch an Bündnisse aus Hilfsorganisationen wie Aktion Deutschland hilft spenden.

Vom Aufteilen des Spendenbetrages auf viele Organisationen rät Wilke ab. Eine gebündelte Geldspende an eine Organisation sei für alle der Königsweg: "Als Spender kann ich so leicht überprüfen, an wen ich mein Geld gebe und der Verwaltungsaufwand für die Begünstigten ist auch geringer." Das heißt jedoch nicht, dass kleine Beträge nicht weiterhelfen. Gerade Spendenaufrufe über die sozialen Netzwerke zielen auf Kleinstspenden ab und ermöglichen deren schnelle Abwicklung. Erfahrungsgemäß spendeten viele Menschen ein oder zwei Euro, berichtet Wilke – ganz nach dem Motto "Jeder Cent hilft".

Damit Geldspenden optimal eingesetzt werden können, rät Wilke im Grundsatz von einer zweckgebundenen Spende ab: "In der aktuellen Notsituation lässt sich gegen eine Zweckbindung für die Ukrainehilfe zwar nicht viel einwenden. Aber eigentlich ist die freie Geldspende an eine seriöse, kompetente Organisation immer der beste Weg, weil die Hilfswerke so flexibel darauf reagieren können, wo und wie ihre Hilfe am wirksamsten eingesetzt werden kann."

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Sachspenden sammeln – dort, wo es sinnvoll ist

Deutschlandweit werden derzeit von Hilfsorganisationen, Vereinen und in privaten Initiativen auch Sachspenden gesammelt, um Menschen, die vor dem Krieg geflohen sind oder die vor Ort in der Ukraine Hilfe benötigen, mit dringend benötigten Gütern zu unterstützen. Gegenüber finanziellen Spenden haben Sachspenden allerdings den Nachteil, dass sie weniger flexibel eingesetzt werden können als Geld und auch mit Lager- und Transportkosten einhergehen.

Es sei auf den ersten Blick verständlich, dass man möglichst konkret helfen wolle und viele deswegen zunächst Sachspenden bevorzugten, sagt Burkhard Wilke vom Deutschen Zentralinstitut für soziale Fragen. "Aber in den allermeisten Fällen ist Geld sinnvoller. Ausnahme ist die lokale Sachspende, zu der seriöse Einrichtungen wie zum Beispiel eine Flüchtlingsunterkunft in meiner Nachbarschaft gezielt aufrufen – die könnte in den nächsten Monaten an Relevanz gewinnen." 

Wer mit Sachspenden helfen möchte, sollte sich daher an die Bedarfslisten der jeweiligen Organisationen halten: "Sommerkleidung und Pumps sind gerade nicht hilfreich – und auch nicht, zu Hause auszusortieren", sagt Christiane Beckmann von dem gemeinnützigen Verein Moabit hilft, der geflüchtete Menschen in Berlin unterstützt. Auch bei Sachspenden gehe es um Hilfe auf Augenhöhe: Deshalb nehme man bei ihrem Verein zum Beispiel keine Lebensmittelspenden an, aber sehr gerne Gutscheine für Supermärkte, sodass sich Geflüchtete selbst mit Essen versorgen können, das ihnen schmeckt. Was gespendet wird, sollte zudem sauber und gut erhalten sein: Man wolle schließlich niemandem eine dreckige Jacke geben, bei der noch ein Knopf fehlt. Denn Kleidung sei "mehr als etwas auf der Haut, es ist Wohlfühlen".

Wer Sachspenden leisten möchte, sollte zudem prüfen, zu welchen Zeiten diese angenommen werden können – und nicht außerhalb der Öffnungszeiten etwas vor der Tür abstellen. Darauf weist zum Beispiel die Gesellschaft Bochum-Donezk ein, ein Verein, der 1987 im Zusammenhang mit der Städtepartnerschaft zwischen Bochum und Donezk entstanden ist und derzeit Nothilfspakete für bedürftige Menschen in der Ukraine zusammenstellt. Für diese Hilfspakete würden zum Beispiel Schlafsäcke, Verbandszeug, Kerzen und Streichhölzer benötigt, sagt Monika Grawe von der Gesellschaft Bochum-Donezk – und in diesem Fall auch haltbares Essen wie zum Beispiel Müsliriegel, aber keine angebrochenen Lebensmittel.

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Geflüchtete aufnehmen

Momentan bieten viele Menschen an, dass geflüchtete Ukrainer bei ihnen unterkommen. So kann man sich etwa auf der Seite des Vereins Elinor registrieren lassen, wenn man Menschen ab zwei Wochen eine Unterkunft anbieten will. In Hamburg sammelt das Bündnis Hamburger Flüchtlingsinitiativen Angebote von Menschen, die Platz haben. Manche bieten auch einfach Freunden von Freunden ein Zimmer an und organisieren sich privat. Rechtlich muss der Vermieter dem nicht zustimmen. "Als Mieter kann ich alles machen, was im Allgemeinen zum Mietgebrauch gezählt wird. Dazu gehört auch, Gäste zu beherbergen", sagt Rolf Bosse vom Mieterverein zu Hamburg. Trotzdem rät er dazu, dem Vermieter Bescheid zu geben, das gehöre sich einfach. 

Als Gast gilt man bei einem Aufenthalt bis zu drei Monaten, so Bosse. Das Gesetz verpflichte den Vermieter, einer Untervermietung zuzustimmen, wenn keine Besorgnis besteht, dass etwa der Hausfrieden bedroht wird, und wenn der Mieter ein "berechtigtes Interesse" habe. "Humanitär tätig zu sein, muss der Vermieter auch als Grund gelten lassen", sagt Rolf Bosse. Wichtig zu wissen: Als Mieter haftet man für alle Personen, die man aufnimmt, egal wie lange sie da sind, egal ob sie zahlen oder nicht.

Der Verein Moabit hilft weist darauf hin, dass geflüchtete Minderjährige, die ohne Begleitung einreisen, nicht einfach privat aufgenommen werden dürfen. In Berlin beispielsweise organisiert die Erstaufnahme- und Clearingstelle für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge ihre Aufnahme und Unterbringung.

Doch der rechtliche Status könnte auch bei Erwachsenen relevant sein: Die Unterbringung von Asylsuchenden und Flüchtlingen ist nämlich staatlich geregelt. Die meisten Ukrainer, die in Deutschland ankommen, werden wahrscheinlich nicht sofort Asyl beantragen. Sie benötigen für Kurzaufenthalte, also bis zu 90 Tagen, nach wie vor kein Visum, so das Auswärtige Amt. Auch diejenigen, die sich schon zurzeit in Deutschland befinden, können laut Pro Asyl nach Ablauf ihres Visums oder der Visumsfreiheit bei der örtlichen Ausländerbehörde eine Verlängerung um weitere 90 Tage beantragen.

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Geflüchteten helfen

Mit bis zu sieben Millionen Vertriebenen aus der Ukraine rechnet der EU-Kommissar für Krisenmanagement, Janez Lenarčič. Deutschland ist nicht unbedingt das erste Ziel für die Geflüchteten. Viele sind innerhalb des Landes auf der Suche nach Schutz, oder sie sind in Nachbarländer wie Polen gefahren. Dennoch kommen bereits jetzt auch Menschen hierzulande an, die vor dem Krieg in ihrer Heimat fliehen.

Eine Möglichkeit ist es, direkt dort seine Hilfe anzubieten, wo diese Menschen ankommen. Wie die Ankunft organisiert ist, variiert von Stadt zu Stadt und Landkreis zu Landkreis. In Berlin etwa gibt es ein zentrales Ankunftszentrum im Stadtteil Reinickendorf.

Es empfiehlt sich zudem, sich an bereits bestehende Hilfsnetzwerke zu wenden: In vielen Städten und Landkreisen wurden im Zuge der Geflüchtetenbewegung 2015 Vereine gegründet, die sich um die ankommenden Menschen kümmern. Eine kurze Internetsuche mit den Stichworten "Geflüchtetenhilfe" oder "Flüchtlingshilfe" und dem Namen der Stadt oder des Landkreises gibt Auskunft über die regionalen Hilfsstrukturen.

Wer nicht sicher ist, wie die Ankunft der Geflüchteten in seinem Heimatort abläuft und wo Hilfe benötigt wird, kann sich außerdem an Lokalpolitikerinnen und -politiker wenden und dies dort erfragen. Zudem kann man seine Unterstützung bei "We help Ukraine" anbieten. Dort können sich Helfer und Geflüchtete registrieren und angeben, in welcher Form sie helfen oder Hilfe benötigen.

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Demonstrieren

"Frieden für die Ukraine" oder "Stoppt den Krieg", unter diesen Schlagworten wurde am vergangenen Sonntag vielerorts zu Demonstrationen aufgerufen. In Berlin hatte man am letzten Februarwochenende mit 20.000 Teilnehmenden gerechnet, es kamen mehr als 100.000 Menschen. Auch in vielen weiteren deutschen Städten gingen die Menschen auf die Straßen.  

Bilder der mit Menschen gefüllten Straße des 17. Juni zwischen dem Brandenburger Tor und der Siegessäule gehen seither durch die Medien – das sei wichtig, sagt Prof. Dr. Sebastian Haunss vom Institut für Protest- und Bewegungsforschung (ipb). "Durch die Bilder sieht man, wie viele Menschen hinter einer Forderung stehen, dadurch ist die Demonstration die sichtbarste Form des Protests." Viel sichtbarer als Unterschriftensammlungen zum Beispiel.   

Werden die Fotos geteilt und gelikt, erreicht das auch Menschen in der Ukraine. "Die Menschen dort sehen: Da stehen ganz viele Leute in ganz vielen Orten auf der ganzen Welt für unser Anliegen, für Frieden ein", sagt Haunss.

Friedensdemonstrationen wie die der vergangenen Tage führen zwar kaum zu Frieden, doch sie vereinen und schaffen durch die Solidaritätsbekundungen ein Gemeinschaftsgefühl. Das sei auch für Menschen in Russland, die gegen den Krieg demonstrieren, ein wichtiges Zeichen, sagt der Politikwissenschaftler. Ihr Protest werde von der dortigen Regierung und den Staatsmedien verurteilt, "aber wenn sie sehen, dass Menschen in anderen Ländern das Gleiche machen und auf die Straßen gehen, kann das viel bewirken", sagt Haunss.

Auch in den nächsten Tagen finden in vielen Städten Friedensdemonstrationen statt. Auf der Website https://standwithukraine.live sammelt eine Gruppe von Klimaaktivisten, wo und wann diese stattfinden.

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Beistand leisten und Kontakt halten

Viele Menschen bangen aktuell um Familienangehörige, Freundinnen und Freunde in der Ukraine. Die Ängste und Sorgen bedeuten einen dauerhaften Stress für die Betroffenen. Wer weniger belastet ist, kann diesen Menschen nun eine Stütze sein. Konkret bedeutet das: Menschen aus dem Umfeld, die selbst aus der Ukraine stammen oder dort Menschen kennen, anrufen, ihnen Nachrichten schreiben und signalisieren, dass man in Gedanken bei ihnen ist und dass sie sich jederzeit melden können. Auch wenn man ihnen ihre Sorgen nicht nehmen kann, hilft der Kontakt und das Wissen, nicht allein durch eine so belastende Situation kommen zu müssen. Dabei sollte man keine Antwort auf sein Unterstützungsangebot erwarten, denn viele Ukrainerinnen und Ukrainer sind gerade selbst den ganzen Tag mit Kontakthalten und Nachrichtenupdates über den Krieg beschäftigt – lieber wiederholt signalisieren, dass man da ist und explizit ansprechen, dass keine Antwort nötig ist.

Es gibt auch professionelle Hilfsangebote für Menschen, die derzeit stark psychisch belastet sind, etwa die deutsche Telefonseelsorge. Die Nummer gegen Kummer richtet sich spezifischer an Familien, an Eltern, Kinder und Jugendliche. Auch Menschen, die keine Verwandten oder Freunde in der Ukraine haben, sich aber angesichts des Krieges sorgen und ängstigen, sollten keine Hemmungen haben, solche Hilfsangebote wahrzunehmen. Schließlich können sie, wenn sie selbst stabil bleiben, besser für andere da sein, die nun akut Hilfe benötigen. Psychologische Beratung auf Russisch und Ukrainisch bietet etwa die Berliner Organisation Les Migras.

Wer Geflüchtete dabei unterstützen möchte, Kontakt zu ihren Familienangehörigen in der Ukraine zu halten, kann Guthaben anweisen. Bei Recharge, MobileRecharge oder über Ding etwa kann man, sofern man die Telefonnummer eines Geflüchteten weiß, Guthaben für mobile Daten und zum Telefonieren spenden. 

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